Jenseits der Wasserscheide – Kunst aus dem Ostalbkreis
Rede zur Ausstellungseröffnung im Torbogenmuseum Königsbronnam am 20. Mai 2022
Ausstellung Jenseits der Wasserscheide – Kunst aus dem Ostalbkreis
Ulrich Brauchle, Paul Groll, Uli Natterer, Traudel von Röthardt, Stephan Wolter - 20.5. - 26.6.2022
(…)
Ulrich Brauchle, Maler, Zeichner und Druckgrafiker aus Ellwangen (geb. 1971 in Ellwangen) absolvierte zusätzlich zu seinem Kunststudium an der Stuttgarter Akademie ein Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Theologie in Tübingen. Er hat mir im Vorfeld dieser Ausstellung geschrieben: „Kunst ist für mich eine Form, auf das Leben und die Welt ästhetisch zu reagieren. Nun kann man dies heute (…) auf zweierlei Arten tun: Man kann auf den Wahnsinn, den Lärm, Krankheit und Krieg entweder konsequent mit lauten und provozierenden Bildern antworten (…) oder man kann als Gegenentwurf sich der Schönheit, Zeitlosigkeit und Stille widmen.“(1) Letzteres hat er sich zum Ziel gemacht. Dementsprechend ist auch seine Bilderauswahl für Königsbronn ausgefallen. Statt einem ursprünglich vorgesehenen Riesenbild zeigt er neue kleine Malereien und Zeichnungen aus dem letzten halben Jahr. Die subtilen Motive, allesamt sorgfältig gerahmt und in Farbtechnik, gewähltem Papier und in der Abfolge aufeinander abgestimmt, versehen den Raum, in dem sie präsentiert werden, mit einem besonderen „Klang“. „Grüne Sicht“, „yellow warm“, „Am See“ oder „Garten“ – so die Titel der Bilder – assoziieren eine Vielzahl von „optischen Geschichten“ aus dem großen Spektrum der Natur. Dass im Ergebnis von ihm nicht das Motiv selbst visualisiert wird, sondern das, was ihn im Moment der Umsetzung physisch und emotional bewegt hat, erklärt die abstrakte, auf wenige Linien und Flächen reduzierte Formensprache. Mit physischer Wahrnehmung meine ich die synästhetische Aneignung der Wirklichkeit. Der Künstler arbeitet ja nicht im luftleeren Raum, sondern ist umgeben von zahlreichen Reizen, die sich mit der visuellen Wahrnehmung vermischen. Brauchle malt und zeichnet nicht nur im Atelier, sondern seit der Pandemie auch wieder viel im Freien. „In der Natur zu sitzen und die Farben und Formen in sich aufzunehmen, hat eine große Wirkung. Dazu kommen die Gerüche und Geräusche und der Wind. Malen mit allen Sinnen.“(2) So sagt er auch, dass ihn gerade das Arbeiten in der Natur durch die sich ständig verändernden Lichtsituationen zu einem raschen Handeln zwingt. Doch anders als im Impressionismus, an den man jetzt denken mag, findet diese Spontaneität bei Brauchle eine hochsensible Umsetzung. Und anders als im Informel gibt der Künstler seinen Motiven eine Struktur, die sich aus der intensiven Beobachtung und einer prüfenden Reflexion des Naturerlebnisses ergibt. Sein schöpferischer Instinkt indes verleiht den doch aus dem wissenden Intellekt entsprungenen Bilder eine meditative Wirkung.
(…)
(2) U. Brauchle in: Ausst.Kat. Ulrich Brauchle, Im Freien. Ausst. Palais Adelmann 2020/2021. Hrsg. v. d. Stadt Ellwangen, Ellwangen 2020, S. 26.
zurück